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Archiv: Meldungen 2003 bis 2019

Auf dieser Seite finden Sie (in umgekehrt chronologischer Folge) News-Meldungen früherer Tage, in denen auch einige Aktivitäten von Mitgliedern der Aktion Wahlreform erwähnt sind. Zudem lassen sich zaghafte positive Entwicklungen bei der Rezeption des Ersatzstimmen-Konzepts erkennen.



Stichwahl-Abschaffung in NRW verfassungswidrig

20.12.2019: Urteil des VerfGH NRW (vgl. Kommentar Björn Benken)


Wahleinspruch in Brandenburg eingereicht

14.10.2019: Wahleinspruch zur Landtagswahl



Wahlprüfungsbeschwerde zur Dualwahl eingereicht

24.04.2019

Da bisher noch immer nicht höchstrichterlich geklärt worden ist, ob die Dualwahl ein milderes Mittel zur herrschenden Sperrklausel darstellt und ob die millionenfache Verletzung der Gleichheit der Wahl bei Bundes­tagswahlen folglich gegen die Verfassung verstößt, hat Björn Benken eine Beschwerde gegen die Zurückweisung seines Wahleinspruchs einge­reicht. Eine Entscheidung des Gerichts ist frühestens in ca. einem Jahr zu erwarten; die Bearbeitung könnte aber auch drei Jahre oder länger dauern.

Zur Wahlprüfungsbeschwerde vom 17. April 2019



ÖDP testet Integrierte Stichwahl

09.04.2019

Die Ökologisch-Demokratische Partei (ÖDP) hat am Wochenende auf ihrem Bundesparteitag in Hof die Nachwahl eines Beisitzers im Bundes­vorstand nach dem System der Integrierten Stichwahl durchgeführt. Damit dürfte sie die erste Partei in Deutschland sein, die dieses Wahl­verfahren bei einer parteiinternen Wahl auf Bundesebene angewendet hat. Wenn andere Parteien dem Beispiel folgen und Vorstandsposten ebenfalls mittels einer Integrierten Stichwahl wählen, würde die damit nachgewiesene Praktikabilität von Rangfolge­wahl­verfahren sicherlich als kräftiger Rückenwind für die Ersatzstimme wirken.

Bei der ÖDP kam als Besonderheit eine "Integrierte Stichwahl mit Nein­stimme" zum Einsatz. Diese Variante ist optimiert für die Verwen­dung in Verbänden, wo es ja - anders als z.B. bei Bürger­meister­wahlen oder bei der Wahl von Direktkandidaten - nicht darauf ankommt, dass eine Position zwingend besetzt werden muss, sondern wo ein Amt lieber unbesetzt bleiben soll bzw. wo die Liste für Kandidaturen erneut geöffnet werden kann, wenn keine(r) der Bewerber(innen) eine ausreichende Unterstützung bei den Wählenden hat.

Bei der Integrierten Stichwahl mit Neinstimme wird den Wähler(inne)n nahegelegt, nur jene Kandidat(inn)en mit einer Rangziffer zu versehen, die sie für wählbar halten; andernfalls sollen sie das Stimmfeld leer lassen. Bei der Auszählung zählen leere Felder wie Nein-Stimmen, und weil jede(r) Wahlgewinner(in) eine absolute Mehrheit erzielen muss, kandidiert man nicht nur gegen die anderen Bewerber(innen), sondern letztlich auch gegen die Nein-Option. Somit kann es passieren, dass auch bei zwei verbliebenen Kandidat(inn)en noch niemand die absolute Mehrheit (gemessen an der Zahl der abgegebenen Stimmzettel) erreicht hat und folglich eine allerletzte Stichwahlrunde erforderlich wird. Aber selbst dort, wo eine absolute Mehrheit vorzeitig erreicht wird, empfiehlt es sich aus informatorischen Gründen, stets auch das Schlussrunden-Ergebnis der Wahlgewinnerin bzw. des Wahlgewinners zu ermitteln. Das Verhältnis von Ja-Stimmen zu Nein-Stimmen stellt nämlich eine Art "persönliche Mehrheit" dar und ermöglicht eine gute Vergleichbarkeit mit anderen Wahlergebnissen.

Auf dem ÖDP-Parteitag liefen die Stimmabgabe und die Auszählung ohne Probleme ab; es gab keine einzige ungültige Stimme. Der siegreiche Kandidat (von insgesamt drei Bewerbern) erreichte bereits im ersten Wahlgang die absolute Mehrheit mit 81 von 147 abgegebenen Stimmen; seine persönliche Mehrheit lag bei 89 Prozent. Nach dem geglückten Experiment sprachen sich mehr als zwei Drittel der Delegierten in einem Meinungsbild dafür aus, die Möglichkeit der Integrierten Stichwahl dauerhaft in der Geschäftsordnung zu verankern.



Fachartikel kritisiert Urteil des BVerfG zur Ersatzstimme

14.04.2018

In einem lesenwerten Beitrag in der Zeitschrift für das Juristische Studium (ZJS) weist Philipp Barlet nach, warum die im BVerfG-Urteil vom 19.9.2018 geäußerte Meinung, es gäbe keine Pflicht des Gesetzgebers zur Einführung einer Eventualstimme, nicht überzeugen kann. Der Autor betont, dass das Bundesverfassungsgericht nicht seinen in langjähriger Rechtsprechung selbst aufgestellten Grundsätzen gefolgt ist, was z.B. den in Wahlrechtsfragen lediglich eingeschränkten Ermessensspielraum des Gesetzgebers betrifft oder auch das Konstrukt des Milderen Mittels. Hinsichtlich letzterem hätte sich das Gericht unter anderem mit der Frage beschäftigen müssen, ob und mit welcher Wahrscheinlichkeit eine Beeinträchtigung der Funktionsfähigkeit eines Parlaments zu erwarten ist, wenn dieses mittels eines Ersatzstimmen-Wahlrechts gewählt wurde. Sehr zu Recht wird im Artikel darauf verwiesen, dass dies allenfalls zu sehr kleinen Verschiebungen in der parlamentarischen Praxis führen würde; sollten sich die Veränderungen ungünstigstenfalls von Wahl zu Wahl kumulieren, bliebe immer noch ausreichend Zeit, das Wahlrecht wieder zu ändern.

Entscheidungsbesprechung von Philipp Barlet in der ZJS, Heft 2/2018



Wahleinspruch gegen Bundestagswahl eingereicht

25.11.2017

Erneut hat Björn Benken von der Aktion Wahlreform einen Einspruch gegen die letzte Bundestagswahl eingereicht. Darin legt er auf 16 Seiten dar, warum der Bundestag sowohl die Ersatzstimme wie auch die Dualwahl unter dem Aspekt eines möglichen Milderen Mittels zur geltenden Sperrklausel untersuchen muss. Auch begründet er ausführlich, warum das Bundesverfassungsgericht bei der Sperrklausel-Thematik bisher nicht seinen selbst aufgestellten Prinzipien gefolgt ist, warum das Urteil vom 19.9.2017 keine abschließende Klärung dieser Frage darstellen kann und warum die Bundestagsparteien die genannten Wahlsysteme auch unabhängig von der verfassungsrechtlichen Lage - nämlich allein schon wegen der vielfältigen politischen Vorteile - unvoreingenommen prüfen sollten.

Zum Wahleinspruch vom 21. November 2017



Bundesverfassungsgericht hält Ersatzstimme nicht für verfassungsrechtlich geboten

05.10.2017

Mit heute veröffentlichtem Urteil hat das Bundesverfassungsgericht über eine Wahlprüfungsbeschwerde von Prof. Hans Herbert von Arnim entschieden. Dabei ging es unter anderem um die Frage, ob sich aus der Verfassung die Pflicht zur Einführung einer Ersatzstimme (v.Arnim nennt sie "Eventualstimme") ergibt. Das Gericht hat diese Frage negativ beantwortet und dies damit begründet, man hätte es hier nicht mit einem gleich geeigneten Milderen Mittel zu tun.

Leider lassen die acht Richter des Zweiten Senats weitgehend offen, wie sie zu dieser Schlussfolgerung gelangen. Der einzig relevante Satz hierzu findet sich im Urteil in Randziffer 81, wo es heißt: "Einer verfassungs­rechtlichen Verpflichtung zur Einführung eines Eventualstimmrechts steht .. entgegen, dass ... die Einführung einer Eventualstimme .. die Komplexität der Wahl erhöhen [würde], so dass eine Zunahme von Wahl­enthaltungen und ungültigen Stimmen nicht ausgeschlossen erscheint." Und weiter (Zi. 82): "Vor diesem Hintergrund... kann das Eventual­stimm­recht nicht als zweifelsfrei 'gleich geeignetes, milderes Mittel' zur Erreichung des gesetzgeberischen Ziels der Erhaltung der Funktions­fähigkeit des Parlaments angesehen werden."

Der zitierte Satz aus Ziffer 81 besagt nichts anderes, als dass das Verfassungsgericht es dabei bewenden lässt, dem Anschein(!) einer theoretischen(!) Möglichkeit zu vertrauen. Wäre es bei dieser wichtigen Frage nicht die Pflicht des Gerichts gewesen, genauer hinzuschauen? Dann hätte man z.B. feststellen können, dass in Irland und Nordirland, wo bei Europawahlen nach einem Präferenzwahlsystem gewählt wird, der Anteil der ungültigen Stimmen gar nicht signifikant höher liegt als in Deutschland. Letztlich hat das Gericht lediglich eine erhöhte Komplexität bzw. eine größere Fehleranfälligkeit von Ersatzstimmen-Verfahren behauptet, diese aber nicht begründet.

Selbst wenn sich die Behauptung des Gerichts als richtig herausstellen sollte, bliebe unklar, ob ein Merkmal wie "Komplexität des Wahlver­fahrens" überhaupt verfassungsrechtliche Relevanz entfalten kann. Schon aus logischen Gründen kann ein Milderes Mittel niemals identisch zu dem angegriffenen Mittel sein, es wird sich immer bezüglich bestimmter Merkmale unterscheiden. Die Prüfung der Geeignetheit eines Milderen Mittels muss sich jedoch ganz allein an dem Schutzzweck der angegriffenen Maßnahme orientieren und nicht an irgendwelchen anderen Merkmalen. Nun ist ja der Zweck der Sperrklausel (wie er auch im sogenannten "zwingenden Grund" zutage tritt) allein der Schutz vor Zersplitterung und Unregierbarkeit; und dieses Ziel würde mit der Ersatzstimme exakt genausogut erreicht wie mit der geltenden Regelung.

Somit könnte die Geeignetheit des Milderen Mittels allenfalls dann in Frage gestellt werden, wenn das Mildere Mittel seinerseits gegen verfassungsrechtliche Standards verstößt. So hat das Bundes­verfassungs­gericht befunden, dass eine Ersatzstimme gegen die Gleichheit der Wahl und eventuell auch gegen die Unmittelbarkeit der Wahl verstoßen würde. Die Erfolgswertgleichheit der Stimmen sieht das Gericht in jenen Fällen als verletzt an, wo auch die zweitpräferierte Partei an der Sperrklausel scheitert. Dies ist zwar richtig, doch eröffnet die Ersatzstimme hier keine neuen Ungleichheiten, sondern reduziert im Gegenteil die im jetzigen Wahlrecht bestehenden Ungleichheiten drastisch. Bei der Zählwert­gleichheit sieht das Verfassungsgericht kritisch, dass ein und dieselbe Stimme ggf. doppelt (aus)gezählt wird. Allerdings ist strittig, ob dies wirklich der Definition von Zählwertgleichheit widerspräche; schließlich wäre es im Sinne der Zählwertgleichheit egal, ob eine Stimme rein technisch gesehen mehrfach ausgezählt werden müsste; relevant wäre nur, ob sie mehr als ein Mal als gültige Stimme wirksam würde. Hinsichtlich der Unmittelbarkeit der Wahl könnte die Ersatzstimme laut dem Verfassungsgericht insofern "Probleme aufwerfen, weil letztlich andere Wähler darüber entscheiden, für wen eine Stimme abgegeben wird". Auch diese Bedenken sind bei näherer Betrachtung nicht haltbar, denn keine Ersatzstimme würde sich entgegen dem Willen ihrer Urheber auswirken.

Bedauerlich ist schließlich auch, dass das Verfassungsgericht seine Analyse allein für das Instrument der Ersatzstimme vorgenommen hat und nicht auch für andere Modelle unkompensierter Sperrklauseln wie z.B. die Dualwahl oder den separaten Stichwahlgang. Denn bei den letztgenannten Varianten wären eindeutig die Gleichheit der Wahl und auch ihre Unmittelbarkeit gewahrt. Diese beiden Verfahren wurden in meinem Wahleinspruch behandelt, den ich zeitgleich mit dem Einspruch von v.Arnim eingereicht habe, den das Gericht allerdings noch nicht einmal einer inhaltlichen Behandlung unterziehen wollte. Hatten Sie etwa Angst, damit Fragen aufzuwerfen, auf die sie keine Antworten gewusst hätten?

Zur Entscheidung 2 BvC 46/14 des BVErfG vom 19. September 2017



Wahlprüfungsbeschwerde abgelehnt

30.06.2016

Wie ich heute erfuhr, hat das Bundesverfassungsgericht mit Beschluss vom 22. Juni meine Wahlprüfungsbeschwerde verworfen. Enttäuschend finde ich weniger das Ergebnis an sich als die beschämende Art und Weise, wie es zustandegekommen ist. Denn das Bundes­verfassungs­gericht hat sich faktisch geweigert, die aufgeworfene Rechtsfrage überhaupt zu prüfen und ist mit keinem Wort auf unsere Nachweise eingegangen, dass die Ersatzstimme ein milderes Mittel gegenüber der unkompensierten Sperrklausel sei. Nun ist es nichts Neues, dass Verfassungsrichter immer mal wieder den Pfad der reinen Lehre und der Verfassungsprinzipien verlassen und ihren Entscheidungen sogenannte externe Erwägungen zugrundelegen. Bitter ist es trotzdem, wenn dadurch jahrelange Arbeit nicht belohnt wird.

Aber wer weiß... vielleicht ist der Durchbruch ja ohnehin eher im politischen als im juristischen Raum zu erwarten? Zwar konnten sich die Kieler Regierungsfraktionen im Mai doch nicht auf eine Einführung der Ersatzstimme in das schleswig-holsteinische Landeswahlrecht verständigen, doch ist ja denkbar, dass andere Protagonisten eines Tages endlich das Potential der Ersatzstimme für eine nachhaltige Verbesserung unsere Demokratie erkennen. Je mehr Menschen überhaupt von diesem neuen Wahlsystem wissen, desto besser. In diesem Sinne können auch kleine Schritte wichtig sein - wie z.B. jener Beitrag, der gestern auf Perspective Daily, einer Plattform für lösungsorientierten Journalismus, erschien:

Ersatzlos gestrichen? Wie jede Stimme zählen könnte!



Peter Müller hat Bedenken

13.05.2016

Es gab Post aus Karlsruhe: Der Berichterstatter Peter Müller hat Bedenken gegen die Erfolgsaussichten der Wahlprüfungsbeschwerde angemeldet. Allerdings geht Müller mit keinem Satz auf das Kern­argument der Beschwerde ein, dass die Ersatzstimme ein milderes Mittel sei und deshalb eine unkompensierte Sperrklausel als verfassungswidrig gelten müsste. Damit hat er seinen Auftrag völlig verfehlt. Doch noch kann man hoffen, dass Müllers Richterkollegen die gravierenden Mängel in seiner Arbeit erkennen und nicht der Empfehlung des Berichtserstatters folgen, auf Basis dieses Schreibens die Wahlprüfungs­beschwerde zu verwerfen. Falls sich das Gericht zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht trauen sollte, der reinen Verfassungslehre zu folgen und den Bundes­gesetz­geber konsequenterweise auf die Einführung eines neuen Wahlsystems zu verpflichten, könnte es ihm wenigstens eine detaillierte Prüfung des Instruments der Ersatzstimme auferlegen. So habe ich es auch in meinem Antwortschreiben vorgeschlagen:

Antwort auf den Brief des Berichterstatters



Die Süddeutsche berichtet

03.01.2016

Der wortgewaltige Chefredakteur der Süddeutschen Zeitung, Heribert Prantl, bezeichnet in einem Beitrag auf der Startseite der SZ die Ersatzstimme als "pfiffige Änderung des Wahlrechts":

Artikel: Verlorene Voten - Die Turbo-Stimme



Ersatzstimme und Integrierte Stichwahl in der politischen Diskussion

31.12.2015

Nachdem der Vorschlag der Alternativstimme/Ersatzstimme jahrzehntelang ein Schattendasein in den Politikwissenschaften führte und erst vor ein paar Jahren auch von den Rechtswissenschaftlern entdeckt wurde (vgl. z.B. den Artikel des Osnabrücker Staatsrechtlers Hermann Heußner in der LKRZ 2014: "Die 5%-Sperrklausel - nur mit Hilfsstimme!"), findet dieses clevere Instrument seit der Bundestagswahl 2013 zunehmend auch Befürworter in den politischen Parteien. Nachfolgend zwei Beispiele, wo sich Politiker bzw. Parteigremien innerhalb der letzten Monate positiv zu der (eng mit der Ersatzstimme verwandten) Integrierten Stichwahl geäußert haben:

1.) Niedersachsen: Im September 2015 sprach sich die SGK, die Vereinigung der sozialdemokratischen Kommunalpolitiker(innen) in der SPD, für die Einführung einer Integrierten Stichwahl aus:
Pressemitteilung der Sozialdemokratischen Gemeinschaft für Kommunalpolitik

2.) NRW: Im Oktober 2015 ließ die nordrhein-westfälische CDU im Rahmen einer Anfrage an die Landesregierung durchblicken, dass sie das Verfahren der Integrierten Stichwahl (quasi die "Ersatzstimme bei Bürgermeisterwahlen") für vorteilhaft hält:
Bericht der Landesregierung NRW zur Stichwahl der Bürgermeister 2015



Schleswig-Holstein könnte zum Vorreiter werden

22.07.2015

Aus Kiel gibt es gute Nachrichten: Der schleswig-holsteinische Landtag hat die Idee der Ersatzstimme keinesfalls zu den Akten gelegt, sondern lässt jetzt prüfen, ob es hiergegen verfassungsrechtliche Bedenken gibt. Sofern das Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes grünes Licht gibt, wollen die Fraktionen weiter über eine Einführung beraten. Bereits vor zweieinhalb Jahren hatten die PIRATEN einen entsprechenden Gesetz­entwurf eingebracht, mittlerweile scheinen auch die Regierungsfraktionen von SPD und GRÜNEN von der Idee angetan zu sein.

Die fraktionsübergreifende Zustimmung zu diesem Wahlrechtsmodell ist so überraschend nicht. Immerhin ließe sich damit das alte Ärgernis der unberücksichtigten Stimmen beseitigen, welches die Wahlergebnisse unnötig verfälscht - mal zulasten des einen, mal zulasten des anderen politischen Lagers. Indem die bislang einflusslos gebliebenen Wähler mittels Auswertung ihrer Zweitpräferenzen doch noch mit ihrer politischen Meinung gehört und ernstgenommen werden, erhöht sich die Legitimation der gewählten Parteien und die Zufriedenheit der Wähler mit dem demokratischen System.

Ende Juni gab es auf dem Offenen Kanal Kiel eine interessante Diskussionsrunde zum Thema Sperrklausel bei Landtagswahlen. Im Rahmen der Diskussion erklärten sowohl die Fraktionsvorsitzende der GRÜNEN, Eka von Kalben (Teil 1, 21:30 Min), der SPD-Fraktions­vorsitzende Ralf Stegner (Teil 2, 4:00 Min.) und Dr. Patrick Breyer von den PIRATEN (Teil 2, 26:12 Min.), dass sie sich die Einführung einer Ersatzstimme vorstellen können. Zwei Wochen später berichtete auch die Redaktion des Flensburger Tageblatts über die neue Entwicklung:

Artikel des Flensburger Tageblatts (13. Juli 2015)
TV-Diskussionsrunde zur Fünf-Prozent-Klausel in Kiel (26. Juni 2015)




Neue Website online

16.01.2015

Ab sofort sind unter der einprägsamen Internetdomain Sperrklausel.de Informationen über Sperrklauseln und sinnvolle Ergänzungs-Regelungen veröffentlicht.

www.sperrklausel.de



Wahlprüfungsbeschwerde eingereicht

03.09.2014

Nachdem der Bundestag Ende Juni erwartungsgemäß sämtliche Einsprüche gegen die Bundestagswahl 2013 abgelehnt hat, haben Gerhard Kottschlag und Björn Benken nun beim Bundesver­fassungs­gericht Wahlprüfungsbeschwerde eingereicht.

Die Beschwerde von Björn Benken ist im Internet unter http://wahlbeschwerde.de veröffentlicht. Es wäre schön, wenn dieser Link in interessierten Kreisen weiter herumgereicht wird, damit die Diskussion für ein besseres Wahlrecht (welche nach der Bundestagswahl zunächst sehr lebhaft geführt worden war) nicht einschläft.

Wahlprüfungsbeschwerde Benken (26 Seiten)



Weiter Beratungsbedarf in Schleswig-Holstein

11.06.2014

(Bericht von Björn Benken:)
"In Schleswig-Holstein bleibt man am Thema Ersatzstimme dran! Bei der mündlichen Anhörung im Kieler Landtag am 6. Mai, zu der auch ich als Sachverständiger eingeladen war, zeigten sich viele Ausschuss-Mitglieder erfreulich aufgeschlossen gegenüber dieser Idee. Als größtes Problem sahen sie - neben der Befürchtung, dass die Ersatzstimme gegen die Unmittelbarkeit der Wahl verstoßen könnte, was ich als gänzlich unbegründet ansehe - die Tatsache, dass es bisher noch kein einziges reales Vorbild für ein solches System einer kompensierten Sperrklausel gibt. Diese Unsicherheit könnte am Ende tatsächlich der Hauptgrund für eine Ablehnung der Ersatzstimme sein.

Ich kontaktierte deshalb im Nachgang zu der Veranstaltung nochmals einzelne Abgeordnete und schlug ihnen vor, sich ihr eigenes Testumfeld zu schaffen, indem sie bei den Direktwahlen (Bürgermeisterwahlen) die Integrierte Stichwahl einführen. So könnten sie relativ risikolos Erfahrungen sammeln, ob die Wähler mit der neuen Wahltechnik zurechtkommen. Zumindest teilweise bin ich mit dieser Anregung wohl auf offene Ohren gestoßen. Vielleicht war das sogar der Grund, warum in der heutigen Ausschuss-Sitzung der Tagesordnungspunkt Sperr­klausel/Ersatzstimme "wegen weiterem Klärungsbedarf" verschoben worden ist?"

Handout zur mündlichen Anhörung (6. Mai 2014, 6 Seiten)
Niederschrift der Ausschuss-Sitzung (hier relevant: S. 12-24).



Stellungnahme für Schleswig-Holstein

12.01.2014

Die Fraktion der Piratenfraktion im schleswig-holsteinischen Landtag hat Ende 2012 einen Gesetzentwurf eingebracht, der die Abschaffung bzw. Absenkung der Sperrklausel zum Ziel hatte. Der Antrag wurde in den Innen- und Rechtsausschuss verwiesen, wo man zwischenzeitlich wohl auch über die Ersatzstimme diskutiert hat; zumindest haben die Piraten ihren ursprünglichen Vorschlag dementsprechend ergänzt. Im Rahmen einer schriftlichen Anhörung ist auch die Aktion Wahlreform gebeten worden, zu diesem Thema Stellung zu nehmen. Hier unsere Antwort:

Stellungnahme zu Sperrklausel und Ersatzstimme (Januar 2014, 15 Seiten)



Wahleinspruch - ein erneuter Versuch

22.11.2013

Die Bundestagswahl am 22. September 2013 hat überdeutlich gezeigt, dass mit einem Wahlgesetz, welches etwa jedem sechsten Wähler das Recht nimmt, eine erfolgswirksame Stimme abzugeben, definitiv etwas faul sein muss. Deshalb startet jetzt ein erneuter Versuch, die politische Öffentlichkeit von den Vorteilen der Dualwahl (Ersatzstimme) und der Verfassungswidrigkeit des aktuellen Wahlgesetzes zu überzeugen. Der von Björn Benken eingereichte Wahleinspruch geht zunächst an den Deutschen Bundestag; im Falle der Ablehnung wird das Anliegen als Wahlprüfungsbeschwerde vor dem Bundesverfassungsgericht weiter verfolgt.

Der Wahleinspruch im Wortlaut (48 Seiten)



Die Dualwahl: Ein neuer Blick auf die Ersatzstimme

28.03.2013

Unserer Ansicht nach sind die Begriffe Ersatzstimme bzw. Alternativstimme nur bedingt geeignet, das Instrument und seine Wirkungsweise adäquat zu beschreiben; vielmehr haben diese Begriffe in der Vergangenheit einige Missverständnisse hervorgerufen. Deshalb sprechen wir uns dafür aus, den Blickwinkel zu verschieben - nämlich weg von dem Bild einer Übertragung einzelner Stimmen hin zu dem Bild einer Aufsplittung der Wahl in zwei getrennte, zeitgleich stattfindende Wahlgänge (analog der "Integrierten Stichwahl" bei Personenwahlen). Als neue Bezeichnung schlagen wir "Dualwahl" vor. Wir hoffen, damit besser verständlich machen zu können, worum es bei diesem Instrument in Wirklichkeit geht, und somit in der Folge auch die politische Akzeptanz zu erhöhen.

Nähere Informationen finden Sie im aktuellen Diskussionspapier von Björn Benken zur Dualwahl.



Unser Lösungsvorschlag in der Stichwahl-Debatte: Die Integrierte Stichwahl!

21.09.2010

Die schwarz-gelbe Landesregierung in Niedersachsen möchte die Stichwahl bei Bürgermeisterwahlen abschaffen. Angeblich geht es der CDU dabei um Kosteneinsparung und Wahlbeteiligungsquoten, in Wirklichkeit aber dürften Machtkalküle die wahre Motivation für den Vorstoß sein. Die großen Parteien und insbesondere die CDU schneiden bei Stichwahlen nämlich in der Regel schlechter ab, als wenn es nur einen einzigen Wahlgang geben würde.

Der Plan der CDU ist demokratisch bedenklich, denn ohne Stichwahlen würden Kandidaten z.B. mit nur 30 Prozent der Stimmen - also gegen den Willen einer breiten Mehrheit - gewählt werden können. Die perfekte Lösung zwischen dem Wunsch nach Kosteneinsparung einerseits und dem Wunsch nach hoher demokratischer Legitimation andererseits wäre die Integrierte Stichwahl, bei der die Wähler schon während des Haupt­wahlgangs bestimmen können, welcher Kandidat ihre Stimme im Falle einer Stichwahl bekommen soll. Die Aktion Wahlreform hat unter www.stichwahlen.de eine eigene Website mit ausführlichen Infos zu diesem Thema erstellt.

Hörtipp: Eine Frage der Stimme
(Sendung im Deutschlandradio am 15.12.2010 zum schleswig-holsteini­schen Wahlrecht und zur Abschaffung der Stichwahlen in Nieder­sachsen, mit Olaf Lies, Tim Weber, Björn Benken u.a.; 20 Min.)



SPD verwendet bei Wahl Ersatzstimmen-Modell

24.11.2009

Die SPD in Baden-Württemberg hat bei der Wahl ihres neuen Vorsitzenden erstmalig ein Ersatzstimmenmodell angewendet; vergl. dazu z.B. den ausführlichen Bericht im Blog von Martin Wilke. Auch in der Presse wurde dieser Umstand erwähnt - wenn auch teils etwas nebulös wie in diesem Beitrag.

Dass eine große Volkspartei das Alternativstimmenmodell als innovatives Wahlinstrument aufgreift, ist ein ermutigendes Zeichen. Es wäre sicher nicht der schlechteste Weg, wenn die Vorteile des Ersatzstimmen-Systems zunächst für den Fall der Personenwahl nachgewiesen werden könnten, indem z.B. Bürgermeisterwahlen effizienter durchgeführt werden, weil die lästige Stichwahl entfällt. Auf diesem Umweg könnte sich das Verständnis für diesen Wahlmodus nach und nach erhöhen und am Ende den Boden für eine flächendeckende Einführung (bei Bundes­tags­wahlen etc.) vorbereiten.



Online-Petition zum Ersatzstimmen-Modell

20.10.2009

Ab heute gibt es eine neue Online-Petition von Tobias Wagner, die sich für die Einführung einer Ersatzstimme bei Bundestagswahlen einsetzt. Anders als bei unserer damaligen Petition soll hier das Abgeben einer Ersatzstimme für die Zweitstimme und für die Erststimme möglich sein. Damit würde das Verfahren zwar insgesamt komplexer, doch die Ausweitung der Alternativstimmen-Idee auch auf die Erststimme ist durchaus folgerichtig, weil ja auch hier für viele Wähler das Dilemma existiert (wenn auch in weniger dramatischer Form), sich zwischen der wahren Präferenz für einen Direktkandidaten und taktischen Über­legungen entscheiden zu müssen.

Noch bis zum 2. Dezember 2009 kann man sich als Mitzeichner eintragen lassen und/oder im Forum mitdiskutieren.



BVerfG verwirft Wahlprüfungsbeschwerde

13.05.2005

Wie wir am 13. Mai durch einen Brief aus Karlsruhe erfahren haben, ist unsere Wahlprüfungsbeschwerde am 26. April 2005 vom Zweiten Senat des Bundesverfassungsgerichts verworfen worden.

Auch wenn wir die Erfolgsaussichten unserer Wahlprüfungsbeschwerde sicher stets realistisch beurteilt haben und diese Nachricht insofern nicht ganz unerwartet kam, so hatten wir andererseits doch bis zuletzt die Hoffnung nicht aufgegeben, dass sich das Verfassungsgericht inhaltlich mit den in unseren letzten Stellungnahmen ([1],[2]) geäußerten Argumenten befassen und diese in die Beurteilung der Beschwerde mit einfließen lassen würde. Diese Hoffnung wurde enttäuscht. Eine Begründung der Verwerfung hat das Gericht mit Hinweis auf § 24 BVErfGG als überflüssig angesehen. Weitere Rechtsmittel - wie z.B. ein Widerspruch gegen diese Entscheidung - stehen uns als Beschwerdeführern bei einer verworfenen Wahlprüfungsbeschwerde nicht zur Verfügung.

Und nun? Das von uns kritisierte Problem ist natürlich so akut wie eh und je, und dennoch sehen wir derzeit - nach dem Scheitern unserer bisherigen Anstrengungen - leider keine erfolgversprechende Option, wie dieses Problem allein auf dem Rechtswege gelöst werden könnte. Vielleicht wird eines Tages der Druck zur Harmonisierung der Wahl­ge­setze in der EU so stark werden, dass sich dadurch neue Ansatzpunkte zugunsten einer Wahlreform in unserem Sinne ergeben. Vielleicht auch wird in einigen Jahren eine politische und/oder fachwissenschaftliche Diskussion über das von uns propagierte Wahlsystem stattfinden, die diesen Lösungsansatz in der Öffentlichkeit bekannt macht. Deshalb würden wir uns freuen, wenn sich in der nächsten Zeit weitere Persön­lich­keiten in unserer Aktion Wahlreform zusammenfinden würden, um für ein besseres, faireres und vor allem verfassungsgemäßeres Wahlrecht zu kämpfen. Nur eine parteiunabhängige Initiative von verantwortungs­bewussten Staatsbürgern wird die nötige Glaubwürdigkeit und politische Schlagkraft aufbringen können, um die Öffentlichkeit für dieses wichtige demokratische Thema zu sensibilisieren und in hoffentlich nicht zu ferner Zukunft die Tür zu einem neuen Wahlsystem aufzustoßen.



Reformvorschläge zum Wahlrecht (Jesse)

22.12.2003

In der Beilage der Zeitschrift "Das Parlament" wurde ein Beitrag von Prof. Dr. Eckard Jesse veröffentlicht, wo auf Seite 9 f. die Einführung einer "Nebenstimme" diskutiert wird. Aus Sicht des Autors weist diese wahlrechtliche Änderung mehrere Vorteile auf.



Gegen den Zwang zur Koalitionsbildung (Meitmann)

02.03.2003


Jörg Valeske (Mitglied der Aktion Wahlreform) fasst die Thesen eines Buches von Jack Meitmann zusammen, wo dieser ein Wahlverfahren mit Präferenzstimmgebung vorschlägt. Doch anders als bei üblichen Rang­folge­wahl-Verfahren würde in Meitmanns System am Ende immer eine Partei die absolute Mehrheit erringen.





 

 
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An der Wabe 5, D-38104 Braunschweig
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